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Empowerment-Pionierin: Iris Berben

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BEAUTY, STAR-TALK, STARS & STAGE

Empowerment-Pionierin: Iris Berben

Iris Berben

IRIS BERBEN

“Ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Frauen nicht aufhören zu existieren, wenn sie ein junges Alter hinter sich gelassen haben, ist überfällig gewesen.”

Sie geht ihren eigenen Weg und macht sich stark für andere: Iris Berben zählt nicht nur zu Deutschlands erfolgreichsten Schauspielerinnen, sondern ist auch eine Vorreiterin, wenn es um Female Empowerment und Diversity geht. Schon in den 60er-Jahren ging sie für den Mini-Rock auf die Straße und auch heute noch setzt sich die 72-Jährige für die Rechte von Frauen ein und beweist, dass Schönheit und Ausstrahlung keine Frage des Alters sind! In Paris lief sie für L’Oréal Paris unter dem Motto „Walk Your Worth“ über den Runway, um Frauen aller Generationen dazu zu inspirieren, selbstbewusst in der Welt aufzutreten und ihrer Bestimmung nachzugehen. Wir haben mit Iris Berben im Rahmen der Show über ihr Beauty-Geheimnis, ihre Vorbildfunktion und die Herausforderungen unserer Zeit gesprochen…

Vor drei Jahren haben Sie ihr Laufsteg-Debüt für L’Oréal Paris gegeben und sind nun in diesem Jahr wieder Teil des „Le Défilé“. Warum liegt Ihnen diese Show besonders am Herzen?

Als Spokeswoman von L’Oréal Paris habe ich die Möglichkeit, ein anderes Frauenbild zu transportieren als das, das sich viele Jahre lang nur über sehr junge Frauen gezeigt hat. Ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Frauen nicht aufhören zu existieren, wenn sie ein junges Alter hinter sich gelassen haben, ist überfällig gewesen. In meiner Branche ist es nicht anders. Ich bin 72 Jahre alt und drehe trotzdem einen Film nach dem anderen. Das wäre früher sehr ungewöhnlich gewesen, denn lange Zeit galt die Vierzig als Schallmauer. Ältere Frauen schienen einfach aus der Gesellschaft zu verschwinden. L’Oréal ist ein Konzern, der die Möglichkeit dazu gibt, in den unterschiedlichsten Figuren von Frauen aufzutreten, sichtbar zu sein, sich zu zeigen, das Leben zu feiern und vor allem sich selbst zu feiern. Auf dem Runway sind alle Hautfarben vertreten. Es sind alle Größen vertreten. Es sind alle Rundungen vertreten – das ist doch ein Spiegelbild unserer Welt. Bei der Show dabei zu sein, ist ein Spaßfaktor, aber du transportierst mit Freude und Spaß etwas, das in der Gesellschaft immer noch eingefordert werden muss.

Passend zur Show hat L’Oréal Paris auch die Kampagne „A Lipstick is not a yes“ vorgestellt, die Frauen dazu auffordert, mit starken roten Lippen gegen Belästigung in der Öffentlichkeit aufzustehen. Wie leben Sie das Thema Female Empowerment? 

In den 60er-Jahren sind wir für den Mini-Rock auf die Straße gegangen. Wir sind dafür beschimpft worden. Wir sind dafür ausgegrenzt worden. Unsere Botschaft war schon damals: Der Mini-Rock heißt nicht, ich bin verfügbar für euch, der Mini-Rock ist meine Entscheidung! Also mir ist dieses Thema nicht fremd! Ich bin nur wütend, dass es immer noch ein Thema ist. Also versuche ich, es zu unterstützen. Ich versuche, es in mein Leben zu integrieren. Solange wir Aktionen machen müssen, solange wir diese Dinge benennen müssen, sind sie ein Thema. Das muss weitergetragen werden und wir müssen laut werden – nicht zurückhaltend und mädchenhaft, wie uns das früher mal beigebracht wurde. Nein, wir haben Power!

Link: Iris Berben auf dem Runway von L’Oréal Paris. Rechts: der “Color Riche” Lippenstift zur Kampagne “A Lipstick is not a yes”

Welchen Support haben Sie in Ihrem Leben durch andere Frauen erfahren und wer hat Sie inspiriert? 

Meine beste und intensivste Unterstützung war meine Mutter. Ich habe eine Mutter gehabt, die extrem selbstbestimmt gelebt hat, in einer Zeit, in der das absolut nicht selbstverständlich war. Zwischen den 40er- und 50er-Jahren, in denen sie groß geworden ist, und der heutigen Zeit liegt ja fast ein Universum. Dennoch ist sie so stark ihren eigenen Weg gegangen. Als es dann um die Emanzipation in den 60er-, 70er-Jahren ging, die intellektuellen Forderungen und der Feminismus aufkamen, hatte ich das große Glück, diese Themen bereits vorgelebt zu bekommen. Das hat mir ungemein geholfen. So viele junge Menschen mussten sich ja erst mal gegen ihre Umwelt und vor allen Dingen auch gegen ihre Eltern positionieren. Das musste ich nie. Meine Mutter war da immer ein Vorbild. Außerdem waren es Frauen wie Simone de Beauvoir in der Literatur oder auch Brigitte Bardot, die mich als junger Mensch inspiriert haben. Brigitte Bardot war nicht nur die schönste Frau, sondern sie hat auch ein kraftvolles Frauenbild verkörpert. In ihren Filmen wurde mit den feministischen Fragen gespielt und sie hat diese damit immer weiter nach vorne gebracht.

Heute sind Sie für viele junge Menschen ebenfalls ein großes Vorbild…

Jede Generation hat ihre eigenen Vorbilder und die sucht sie sich oft eher in ihren eigenen Reihen – und das ist auch richtig so. Aber ich höre das natürlich gerne, denn ich denke, es ist gut, dass es etwas gibt, was haltbar ist. Wir leben in einer Welt, in der wir ganz schnell bereit sind, Dinge über Bord zu werfen, sobald sie schwierig werden. Dann tut es gut zu hören, dass man für eine junge Generation so eine Funktion hat. Der Weg war holprig, er ist immer noch holprig, er wird auch holprig bleiben. Aber es ist gut, wenn man eine Linie hat, wenn man sich aushält und durchhält und sich nicht abhängig macht vom Urteil der anderen. Das ist ein ganz schwieriger Weg. Das weiß ich. Für die junge Generation ist er noch mal schwerer, denn unsere heutige Welt hat wahnsinnig viel mit Bildern zu tun. Die Zeit kann man nicht zurückschrauben, das würde ich auch gar nicht, aber man sollte sie mit einer gewissen Skepsis beobachten und sie nicht als Messlatte nehmen. Individualität ist so viel mehr wert. Man hat manchmal das Gefühl, dass es heute fast eine Art Uniformierung gibt. Aber man muss wissen: Jeder, der da ausschert, ist der spannendere Mensch für andere. Es ist mühsamer, macht aber mehr Spaß!

Sie gehen mit gutem Beispiel voran und zeigen wie bei L’Oréal Paris auf dem Runway, dass man auch mit 72 Jahren jede Menge Spaß haben und dabei großartig aussehen kann. Wir würden so gerne wissen, was Ihr Beauty-Geheimnis ist…

Beim öffentlichen Auftritt gibt es natürlich wunderbare, professionelle Menschen, die einem helfen. Aber man lebt ja nicht nur ein Leben in der Öffentlichkeit. Es gehört auch dazu, dass du am Leben teilnimmst, als Schauspielerin übrigens noch intensiver. Wie willst du schließlich Menschen verkörpern, wenn du sie gar nicht kennst? Wenn du sie nicht mehr wahrnimmst, wenn du gar nicht weißt, was ihre Sprache ist, was ihre Geschichten sind. Es ist ganz wichtig, am Leben teilzunehmen. Natürlich habe ich auch Beauty-Rituale. Ich bin zum Beispiel mein Leben lang nicht in die Sonne gegangen. Und es ist bei mir eingepflanzt in die DNA, dass ich niemals im Leben geschminkt ins Bett gehen würde. So viel Rotwein kann ich gar nicht getrunken haben, dass ich mich nicht wie automatisiert abschminke. Dann sollte man danach suchen, welcher Typ man sein möchte. Es gibt Menschen, die mit einem einzelnen roten Lippenstift das schönste Signal senden können. Das hat viel mit einer inneren Haltung zu tun, gesehen werden zu wollen und dass man sich auch selbst gerne sehen möchte. Außerdem finde ich es wichtig, sich wirklich Zeit zu nehmen für seine Pflege – seine Haut genauso zu behandeln wie man seine Liebe behandelt. Wir müssen mit uns achtsam umgehen. Das bedeutet natürlich auch: Pflege dich! Sorge dafür, dass deine Haut und dein Körper all das bekommt, was sie gerne hätten!

Women support Women: Vor atemberaubender Kulisse lief Iris Berben mit vielen weiteren Stars für L’Oréal Paris über den Runway.

Welches Beauty-Produkt ist für Sie unverzichtbar?

Ich lebe wirklich mit der „Rosé Creme“ von L’Oréal Paris. Selbst wenn gar nichts mehr geht, zaubert sie wieder Leben ins Gesicht. Ich brauche auch Wimperntusche. Da kann man mit wenig viel erreichen. Dann bin ich Fan sämtlicher Bases, die L’Oréal hat, weil es die für wirklich jeden Hautton gibt. Wenn die Haut im Sommer leicht gebräunt ist, nimmst du einfach einen halben Ton dunkler – ideal! Es gibt Dinge, die einem ganz leicht gemacht werden – man muss sich nur die Mühe machen, sie zu suchen und auszuprobieren.

Auf der Fashion Week in Paris geht es natürlich nicht nur um Beauty, sondern auch um Mode. Was ist Ihnen bei Ihrem Outfit wichtig?

Ich habe keine Stylistin und suche und kaufe mir alle meine Kleider selbst. Ich habe mir meinen Stil eigenhändig erarbeitet. Das ist vielleicht auch der Grund dafür, dass ich mehrfach zur “Best Dressed Woman” gewählt wurde.  Ich habe versucht, mich zu finden – was will ich sein, wer will ich sein oder wer will ich an bestimmten Tagen sein? Daher bin ich auch ein bisschen skeptisch bei den vielen jungen Frauen in meiner Branche heute, die alle schon eine Entourage haben von Stylisten und Visagisten, die ihnen alles zu Füßen legen und ihnen sagen, was zusammenpasst. Ich wollte früher immer so aussehen wie kein anderer. Ich wollte immer anders sein. Heute habe ich ein relativ sicheres Gespür dafür, was mir steht. Aber, um dahin zu kommen, musste ich lernen. Wenn ich ein Outfit aussuche, habe ich auch im Hinterkopf, was ich repräsentieren will. Manchmal möchte ich sexy sein, manchmal brauche ich auch Schutz. Dann greife ich gerne zu breiten Männerschultern. Ich glaube, ich habe mittlerweile bestimmt zehn Anzüge im Schrank. Außerdem finden sich dort aus 50 Jahren Abendkleider und Accessoires wie Schuhe oder Handtaschen. Ich kaufe ich mir die Sachen oder es gibt auch ein paar wunderbare Designer, die sie mir geschenkt haben. Auch im Sinne der Nachhaltigkeit ziehe ich meine Kleider öfter an. Ich kann mich noch an die Zeit erinnern, als es einen Aufschrei gab, wenn man ein Abendkleid das zweite Mal trug. Ich liebe es, alte Sachen neu zu kombinieren. Für mich ist Mode Kultur, aber es ist auch ein Spiel.

Ein Stück Kultur ist auch Ihr neuer Film, die Satire „Triangle of Sadness“, die in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wurde. Der Film läuft am 13. Oktober in den Kinos an. Warum sollten wir ihn anschauen?

Dieser Film ist ein Film, der Fragen stellt – um Machtverhältnisse, um Machtausübung, um Schönheit als Währung, um den Gedanken, dass der Kapitalismus an sein Ende gekommen ist, um das Patriarchat, das Matriarchat – die großen Fragen, die wir alle haben. Er stellt sie, er gibt keine Antwort. Er hält uns einen Spiegel vor und das auf eine Weise, wo dir das Lachen oft im Hals stecken bleibt – auch aus dem Grunde, weil du dich selbst wiedererkennst. Auf die eine oder andere Weise erkennen wir alle uns darin. Es ist einer der klügsten Filme, es ist ein Ensemble-Film, ich habe gar keine riesige Rolle, aber es ist für mich einer der besonderen Filme, die ich noch in dieser langen, langen Laufbahn, die ich habe, machen durfte. Er verhandelt viel, dieser Film und das wirklich auf eine unterhaltsame Weise.

In der Satire “Triangle of Sadness” von Regisseur Ruben Östlund spielt Iris Berben u.a. an der Seite von Woody Harrelson

Welchen Rat würden Sie der jungen Generation in diesen turbulenten Zeiten mit auf den Weg geben? 

Den Veränderungen nicht mit Angst zu begegnen, sondern zu versuchen, sie als eine Chance zu sehen und zu sagen, wir können vieles besser machen, wir können vieles stoppen, wir können bei manchen Dingen leider nur auf Einsicht hoffen, wenn wir beispielsweise an Despoten denken, aber wir müssen angstfrei bleiben. Sucht euch Komplizen, vernetzt euch, werdet stark auch innerhalb von Gruppen! Fragt euch, wo wollen wir Dinge verändern, wo geben wir uns geschlagen oder wo halten wir dagegen?! Das sind gute, spannende Aufgaben und wir sind in einem Land, in dem wir das dürfen. Es gibt so viele Länder, in denen man seine eigenen Träume nicht verwirklichen oder sie ausdrücken darf. Also, liebt das Leben bei allen Schwierigkeiten! Ich bin so verliebt in das Leben!

Sie haben in Ihrem Leben schon viele Träume verwirklichen können. Gibt es überhaupt etwas, das noch auf Ihrer Bucket List steht?

Ich habe noch nie eine Bucket List gehabt, das ist mein Geheimnis. Ich habe noch nicht mal einen Plan gehabt in meinem Leben – gar keinen! Ich lasse Dinge gerne auf mich zukommen. Ich mag es, dass man mich überrascht. Ich mag mich selber überraschen. Ich arbeite gerade mit vielen jungen Regisseurinnen zusammen, wo ich denke: Wie schön, was die in dir sehen und wen sie in dir sehen. Ich habe nicht diesen einen Film oder diese eine Rolle. Früher wollte ich zum Beispiel immer mal die Penthesilea spielen, aber heute ist es so, dass ich sage: Ich möchte wissen, was man mir anbietet. Ich möchte wissen, was da kommt. Ich möchte wissen, was jemand anderer in mir noch sieht, das ich noch gar nicht gesehen habe. Ich möchte überrascht werden.


Fotos: © L’Oréal Paris; © Pietro S. D’Aprano/Getty Images for L’Oréal Paris