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Von München nach Tokio

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CITY-GUIDE, CITY-LIFE

Von München nach Tokio

GO, Girls!

Diese Münchnerinnen feuern wir bei den Olympischen
und Paralympischen Spielen in Tokio an

Der Sommer wird sportlich! Vom 23. Juli bis zum 8. August finden in Tokio die Olympischen Spiele statt, gefolgt von den Paralympics vom 24. August bis 5. September. Uns haben Münchens Top-Athletinnen verraten, was es bedeutet für den Traum von den Olympischen und Paralympischen Spielen zu kämpfen, wie sie sich auf den größten Sportwettbewerb der Welt vorbereiten und was sie das Training für den Alltag gelehrt hat…

Christina Hering
800-Meter-Lauf

Was liebst du am meisten am Laufen?
Man muss nur seine Laufschuhe schnüren und los geht’s. Egal wann und wo.

Wo trainierst du in München?
Im Olympiastützpunkt im Olympiapark.

Welche Rituale hast du vor einem Wettkampf?
Haare flechten, Nägel lackieren und Glücksohrringe anlegen.

Hast du einen Glücksbringer, der mit nach Tokio kommt?
Meine Ohrringe.

Was hast du vom Laufen fürs Leben gelernt?
Dranbleiben lohnt sich. Auch wenn es mal keinen Spaß macht, lohnt es sich doch immer, anzufangen und durchzuziehen.

Theresa Stoll
Judo

Wie bist zu zum Judo gekommen? 
Durch meinen älteren Bruder Robert. Meine Schwester Amelie und ich sind immer mit unseren Eltern mitgefahren, um unseren Bruder vom Training abzuholen. Da wollten wir dann auch direkt auf die Matte und Judo machen.

Was liebst du am meisten an deiner Sportart? 
Das Schöne am Judo ist, dass am Ende jeder gewinnen kann. Im Kampf entscheiden oft Millisekunden über Sieg oder Niederlage. Wenn man es schafft, im richtigen Moment eine Wurftechnik anzusetzen und den Gegner auf den Rücken zu werfen, dann ist das ein unbeschreibliches Gefühl.

Was braucht es, um im Judo erfolgreich zu sein? 
Judo ist ein Ganzkörpersport. Das heißt, man muss sehr vielseitig sein. Neben Techniktraining und Randori – dem Übungskampf – stehen so auch Kraft, Ausdauer und Koordination auf dem Trainingsplan. Eine sehr wichtige Eigenschaft ist außerdem die mentale Stärke, an der man auch stetig arbeiten muss. 

Hast du ein bestimmtes Ritual vor einem Kampf?
Ich mache vor jedem Kampf eine kurze Gegneranalyse mit meinem Trainer. Da sprechen wir über die Kampfauslage und die Stärken und Schwächen des Gegners sowie über meine Griffstrategie. In unmittelbarer Vorbereitung klopft mein Trainer meinen Körper von oben nach unten ab. Als letztes folgt ein wechselseitiger Handschlag mit meinem Trainer, bevor ich dann die Wettkampfmatte betrete.

Was nimmst Du aus dem Profisport fürs normale Leben mit?
Im Judo werden von Anfang an wichtige Werte wie Respekt, Selbstbeherrschung, Wertschätzung oder Bescheidenheit vermittelt. Ich persönlich bin eine sehr ehrgeizige, strukturierte und gewissenhafte Person. Diese Eigenschaften haben mich durch den Leistungssport noch viel mehr geprägt. Außerdem bin ich durch meine Erfahrungen und Erfolge im Sport selbstbewusster geworden.

Carina Wimmer
Luftpistole

Wie bist du zum Schiesssport gekommen?
Mein Opa war schon begeisterter Schütze, von ihm hab ich auch meine erste Waffe zum Einstieg bekommen und auch die Steyr LP10, mit der ich heute noch schieße, hab ich damals von ihm bekommen. Mit der Luftpistole durften ich und meine Zwillingsschwester manchmal mit ihm im Garten auf Dosen schießen.  Mit 10 Jahren darf man im Verein beginnen. Unsere Mutter ist auch seit vielen Jahren aktive Schützin und dadurch waren wir viel am Schießstand mit dabei. Als wir dann alt genug waren, haben wir es auch ausprobiert. Die meiste Zeit hat es uns Spaß gemacht, aber wenn wir mal nicht wollten, gab es keine Wahl, unsere Mutter hat uns dann schon mitgezogen zum Training:) Die ersten Jahre hat sie uns trainiert und zu jedem Bezirkskadertraining und Sichtungswettkampf gefahren, bis es dann in den Landeskader und später dann mit 16 Jahren in den Nationalkader ging.

Was begeistert dich an deiner Sportart am meisten?
Im Schießsport ist Präzision im einzelnen Schuss und die Wiederholungsgenauigkeit aller Schüsse das Wichtigste. Je bedeutender der Wettkampf, umso mehr Adrenalin ist im Körper und das Stresslevel erhöht sich. In dem Zustand den Schuss so präzise wie möglich zu führen, ist eine echte Herausforderung. Der Körper fühlt sich anders an als im Training. Die Kunst hierbei ist zu wissen, wie man sich und seine Gedanken reguliert, den nötigen Fokus und innere Ruhe findet, um millimetergenau arbeiten zu können. Es ist sehr spannend für sich herauszufinden, wie es einem selbst gelingt, diese Fähigkeiten zu erreichen. Es gibt kein Schema F oder ein Technikleitbild, das auf jede*n Schütz*in passt. Sich über tausende von Schüssen diese Automatismen anzutrainieren, mit höchster Konzentration das Bild des perfekten Schusses, das ich mir vor dem inneren Auge aufgebaut habe, immer öfter zu erreichen. Diese Leistung dann auch im Wettkampf mithilfe der richtigen mentalen Fertigkeiten und Tools umzusetzen ist das, was mich so fasziniert und immer weiter antreibt jeden Tag wieder und wieder zu arbeiten.

Was war für dich der größte Gänsehautmoment bei den Europameisterschaften?
Als ich im Finale stand und über die Mikros die Stimme des Moderators gehört habe, dass der Quotenplatz und somit das Ticket für Olympia an Deutschland geht. Ich habe die Schüsse zuvor nichts von außen mitbekommen, auf welcher Platzierung ich bin, wo die anderen stehen. Ich war ganz bei mir und wusste nur, dass ich bis dahin wirklich gut unterwegs bin. Ab da war ich erstmal total erleichtert und es war gleichzeitig so unwirklich und überwältigend. Ich hab mich umgedreht zu meinem Team, um den Moment wirklich zu begreifen, aber gleichzeitig ging es auch weiter.
Ich wusste, jetzt kann ich sogar um die Medaillen kämpfen und hab nochmal alles in die letzten Schüsse reingegeben, was ich an Fokus und Siegeswille noch übrig hatte, und wurde echt dafür belohnt. Am Ende da zu stehen und zu sehen, wie mein Name nach dem letzten Schuss von Platz zwei auf dem Tableau nochmal nach ganz oben rückt, war der Wahnsinn. 

Was bedeutet es für dich, das erste Mal bei Olympia mit dabei zu sein?
Es ist unglaublich schön, das alles zu erleben im Vorfeld: von dem Erreichen des Quotenplatzes, was wirklich überraschend kam und mich schon sehr überwältigt hat, bis hin zu dem ganzen drumherum. Dadurch ist die Vorfreude sehr groß und ich bin schon so gespannt, was ich dort alles erleben werde, wie es sich anfühlt mit all den anderen Athlet*innen, die es geschafft haben, bei dem bedeutendsten Event im Leben eines*einer Sportler*in teilnehmen zu können. Ich bin stolz. Ich habe die letzte Chance, die blieb, wirklich genutzt und das bedeutet mir sehr viel und zeigt mir selbst auch, dass ich da eine starke mentale Leistung gebracht habe und bringen kann. Das Ziel, wenn man den Weg in den Profisport wählt, sind einfach die Olympischen Spiele. Als Leistungssportler*in strebst du nach dem Bestmöglichen. Es ist für mich die beste Bestätigung, alles auf meinem bisherigen Weg richtig gemacht zu haben, dass sich das Training und die Energie dafür gelohnt haben, dass es das wert war. Das bedeutet mir sehr viel und erfüllt mich total mit Zufriedenheit und Glück. Es fühlt sich an wie eine Ehre, ein Privileg sich verdient zu haben bei dem größten und bedeutendsten Sportevent, das es gibt, teilzunehmen.

Hast du einen Glücksbringer, den du mit nach Tokio nimmst?
Den einen Glücksbringer gibt es so direkt nicht, aber ich hab schon ein paar für mich wichtige Dinge mit im Gepäck bzw. an mir. Meine Teamkollegin und Freundin Andrea Heckner hat mir eine Holzkette mit den Olympischen Ringen geschenkt, die sie selbst gemacht hat. Die trage ich seitdem jeden Tag und sie begleitet mich die ganze Vorbereitungsphase lang und auch dort beim Wettkampf werd ich sie tragen. Von meiner Zwillingsschwester Bianca habe ich auch eine selbstgemachte Halskette, die ich dabei haben werde. So ist sie auch in gewisser Weise bei mir dabei. In meinem Schießkoffer kleben Bilder mit schönen Erinnerungen (z.B. auf dem Siegertreppchen mit Moni Karsch (Teamkollegin,Freundin, beste Reisebegleiterin). Jedes mal beim Öffnen freue ich mich und bin gut drauf


Fotos: © Marcus Buck, © International Judo Federation (Fotografin: Gabriela Sabau), © Privat